Nichtanzeige eines Wohnsitzwechsels als Versagungsgrund der Restschuldbefreiung

AG Charlottenburg Beschluss vom 14.09.2011 – 36 c IN 3726/09

Die Restschuldbefreiung ist nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu versagen, wenn der Schuldner während des Insolvenzverfahrens Mitwirkungs- oder Auskunftspflichten grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt hat und ein Gläubiger im Schlusstermin die Versagung der Restschuldbefreiung  beantragt. Des Weiteren müssen die Voraussetzungen gemäß § 290 Abs. 2 InsO glaubhaft gemacht werden.

Der Schuldner muss im Rahmen dieser Auskunftspflicht alle Umstände offenlegen, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sein können. Hierzu gehört auch die Mitteilung über einen Wohnsitzwechsel. Maßgelblich für die Bestimmung des Wohnortes ist dabei, wo sich der Schuldner niederlässt um seinen Lebensmittelpunkt zu nehmen.
Grund für die mögliche Versagung der Restschuldbefreiung ist, dass diesbezüglich unterlassene Angaben die Arbeit des Insolvenzverwalters beeinträchtigen: wenn dieser den Aufenthaltsort nicht kennt, ist es für ihn in der Praxis nicht mehr möglich zu ermitteln, ob der Schuldner Vermögen beiseiteschafft  oder ggf. einen Neuerwerb nicht angibt.
Der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 InsO setzt dabei nur eine generelle Eignung des Verstoßes, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden voraus. Nicht erforderlich ist eine konkrete Gläubigerbeeinträchtigung.
Wesentlich  für die Versagung der Restschuldbefreiung ist, dass der Versagungsgrund von einem Gläubiger im Schlusstermin vorgebracht wird. Das Gericht kann nicht von Amtswegen eine Versagung beschließen. Ausgeschlossen ist auch eine Versagung auf Anregung des Verwalters oder Treuhänders.

Was aber im Rahmen dieses „geltend gemachten Versagungsgrundes“ vorgebracht werden muss, ist auch nach Entscheidungen des BGH  nicht ganz eindeutig. Eine Entscheidung des BGH vom 08.02.2007 legt nahe, dass maßgeblich ist, welcher der Versagungsgründe aus dem Katalog des § 290 Abs. 1 InsO durch den Gläubiger genannt und entsprechend glaubhaft gemacht wird. Dem gegenüber kommt es nach einem Beschluss des BGH vom 25.10.2007 eher darauf an, dass der  konkrete Lebenssachverhalt entsprechend vorgetragen wird.

Das AG Charlottenburg hatte in seinem Beschluss die Versagung der Restschuldbefreiung angenommen. In diesem Verfahren hatte die Schuldnerin es versäumt, den nach eigenem Vortrag im September 2009 vollzogenen Umzug von Berlin nach Trier mitzuteilen. Erstmals hatte sie diesen Umzug  im März 2010, mithin ein halbes Jahr später, erwähnt. Dieser Sachverhalt konnte von dem Gericht festgestellt werden. Der Gläubiger, welcher in dem Verfahren die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hatte, hatte hingegen behauptet, die Schuldnerin habe nie in Berlin gewohnt. Dies konnte in dem Verfahren nicht festgestellt werden.
Dennoch hat das Gericht die Restschuldbefreiung versagt. Der Vorwurf des Gläubigers, die Schuldnerin habe in Berlin nie einen Wohnsitz unterhalten, enthalte bei qualitativer Betrachtung als Minus den Vorwurf, bei unterstellter Begründung eines Berliner Wohnsitzes dessen Aufgabe nicht mitgeteilt zu haben.