Anspruch auf Rückkaufswert einer Versicherung fällt in die Insolvenzmasse

OLG Frankfurt am Main Teilurteil vom 22.06.2011 AZ: 7 U 233/10

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass versicherungsvertragliche Ansprüche Rechte von Vermögenswert und deshalb grundsätzlich Bestandteil der Insolvenzmasse des Berechtigten sind.

In dem dem Urteil zugrunde liegenden Fall begehrte der Kläger als Insolvenzverwalter der Schuldnerin Abrechnung des Rückkaufswertes einer Lebensversicherung und Auszahlung des sich ergebenen Betrages. Die 1962 geborene Schuldnerin hatte bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit Kapitalzahlung im Todes- und Erlebensfall mit Rentenwahlrecht mit Ablauf nach 33 Jahren am 01.03.2023 abgeschlossen. Mit Datum vom 28.02.2009 vereinbarte die Schuldnerin mit der Beklagten einen unwiderruflichen Verwertungsausschluss gemäß § 168 Abs. 3 VVG. Danach sollte eine Verwertung der Ansprüche aus dem Vertrag, die Ihr vor Fälligkeit der Versicherungsleistung zustünden vor vollendeten 60. Lebensjahr ausgeschlossen, soweit die durch § 168 Abs. 3 VVG in Verbindung mit § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II bestimmten Beträgen nicht überschritten würden. Aufgrund Eigenantrags wurde am 17.04.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 31.07.2009 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung des Verwertungsausschlusses gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 129, 143 InsO.

Nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main ist der Kläger zur Geltendmachung des Rückkaufswertes berechtigt, da der Anspruch auf den Rückkaufswert entgegen der Auffassung der Beklagten und der ersten Instanz in die Insolvenzmasse gefallen sei und ihn auch § 168 Abs. 3 VVG nicht daran hindere, den Anspruch zur Masse zu ziehen.

Versicherungsvertragliche Ansprüche seien Rechte von Vermögenswert und deshalb grundsätzlich Bestandteil der Insolvenzmasse des Berechtigten. Insbesondere lägen im vorliegenden Fall keine gemäß § 36 Abs. 1 InsO die Unpfändbarkeit begründenden Vorschriften vor.

§ 168 Abs. 3 VVG sei als Sonderregelung zu § 168 Abs. 1 VVG i.V. mit § 171 Satz 1 VVG zu verstehen. Danach könne der Versicherungsnehmer, sofern laufende Prämien zu zahlen seien, jederzeit für den Schluss des laufenden Versicherungsjahres kündigen, damit der Versicherungsnehmer sich bestimmte Vorteile verschaffen könne, die einen Ausschluss des Kündigungsrechts erfordern.

Die Vorschrift des § 168 Abs. 3 VVG habe daher eine komplementäre, dienende Funktion. Sie sei nach seinen Voraussetzungen aber nicht so formuliert, dass die Wirksamkeit des Ausschlusses des Kündigungsrechts an das Erreichen dieser Ziele gebunden. Erforderlich sei lediglich, dass ein für die Altersvorsorge bestimmter Versicherungsvertrag vorliege, bei dem die Verwertung vor dem Eintritt in den Ruhestand ausgeschlossen sei.

Aufgrund dessen könne die Situation entstehen, dass ein Verwertungsverbot vereinbart worden sei, Unpfändbarkeit aber nicht hergestellt sei. Der § 168 Abs. 3 VVG habe jedoch nicht den Zweck, weiteres Altersvorsorgevermögen eigenständig (vorübergehend) dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu entziehen.